Mittwoch, 5. Juni 2013

Die Arbeit im Dörfchen

Hola Hola!

bald neigt sich mein Jahr hier in Bolivien dem Ende zu und ich konnte viele tolle Erfahrungen sammeln, die ich mein Leben lang nicht vergessen werde.
Bevor ich nochmal auf große Reise gehe und schlussendlich wieder im Flugzeug nach Deutschland sitze, möchte ich Euch aber noch meinen Arbeitsalltag, der die letzte Zeit nach meinem vorherigem Blogeintrag dominiert hat, kurz beschreiben.

 

Montag:
Die Woche fängt für mich in dem kleinen, ganz in der Nähe liegenden Kindergarten an. Früh morgens werden ca. acht bis zehn wirklich kleine Kinder von ihren Eltern vorbeigebracht. Diese stürzen sich sofort auf die Spielgeräte, räumen die Regale bzw. Kisten aus und beanspruchen das vorhandene Mobiliar. Damit die Situation nicht eskaliert, lassen die (zum Glück vorhandene) Erzieherin und ich uns immer wieder Beschäftigungen für die Kiddis einfallen, wie puzzeln, basteln oder bauen…

Da das Lernen von Namen noch etwas schwer fällt, werde ich von den Kindern liebevoll „Tio!“ (Onkel) genannt. Richtig gut Spanisch habe ich erst gelernt, als ich erstens die verschiedenen Gestiken, Mimiken und vor allem Wortfetzen entziffern musste und zweitens von den winzigen braunen Augen auf die andauernde Frage, was ein bestimmter Gegenstand sei bzw. welche Funktion es habe, zu ausgiebig-erklärten  Antworten gezwungen wurde.

Nachdem die Erzieherin gekocht hat und mich mit den Kindern, in letzter Zeit ohne jegliche Probleme, alleine gelassen hat, räumen alle gemeinsam auf und waschen danach die Hände, während sie das Essen serviert. Das Mittagessen ist immer wieder ein Erlebnis, dabei schlecht einzuschätzen ist, ob mehr auf den Boden oder schlussendlich im Mund gelangt. Lustig ist es allemal und helfen tu ich natürlich auch gerne. Allgemein macht mir die Arbeit dort sehr viel Spaß. Kleine Kinder können mehr anstrengen, aber auch mehr ermuntern als man denkt. Nebenbei sind mir die Kleinen doch auch sehr ans Herz gewachsen!





Dienstag:

Sehr früh aufstehen ist angesagt: Dienstags gehe ich nach „Naranjos“, ein Außenbezirk Alcalas mit einer kleinen Schule, die insgesamt elf Schüler, unterteilt in vier Familien, zählt. Zwei Stunden braucht man für den Weg hin. Glücklich kann man sich jedoch schätzen, wenn man hinten auf einem Pickup oder einem kleinem Laster mitgenommen wird. Von „mala suerte“ (Unglück) kann man sprechen, wenn die nicht asphaltierte Piste unbefahren bleibt und man an diesem Tag ganze vier Stunden läuft.

In der Schule muss sich eine Lehrerin um Schüler der ersten bis hin zur sechsten Klasse kümmern. Dass ich sie dienstags mit den Kindern der fünften und sechsten Klasse entlasten kann, ist sie mir sehr dankbar.

So gebe ich jeden Dienstag dort Englischunterricht, bereite diesen auch alleine vor, besorge Materialien und versuche, so gut wie es geht, diese zu vermitteln. Die Kinder sind erstaunlich aufmerksam, machen gut mit und lernen schnell. Wenigstens eine kleine Grundkenntnis ist es  möglich beizubringen. Außerdem ist es schön und interessant für die Kinder, die doch sehr eingeschränkte Möglichkeiten auf dem Land haben, etwas anderes kennenzulernen, sei es eine neue internationale Sprache oder unsere Kultur, nach der ich öfters gefragt werde.





Mittwoch/Donnerstag:

An diesen Tagen muss ich für den Hinweg nicht mehr so weit laufen, aber wenn ich angekommen bin umso mehr. Sport unterrichten macht mir besonders Spaß in der örtlichen Schule, die insgesamt (Vergleiche mit den Außenschulen!) 200 Schüler zählt. Drei Klassen jeweils zu 1,5 Stunden hat man an einem Tag auszupowern. Erstaunlich diszipliniert ist der Unterricht, so ist es Pflicht eine Sportmontur sprich rotes T-Shirt, blaue Hose und Turnschuhe zutragen. Jedesmal wird sich in einer Reihe aufgestellt, durchgezählt und nur mit einer lauten klaren Stimme dem Sportlehrer Edson einen Wunsch geäußert. Witz fehlt trotzdem in seinem Unterricht nicht, was einen guten Trainer ausmacht. Deshalb besuche ich nachmittags des Öfteren seine angebotenen Sportkurse, auch mit welchen in meinem Alter.

Mit dem Sportprofe verstehe ich mich sehr gut. Er gibt mir oft das Vertrauen alleine zu unterrichten oder einzelne Übungen vorzumachen. Nicht selten stehe ich dann alleine vor 30 motivierten Erstklässlern. Mit den allmählich verinnerlichten Tricks jedoch kein Problem mehr diese zu kontrollieren, Übungen zu zeigen und am Ende ohne Chaos ein bisschen Fußball zu kicken.

Mittlerweile kennt die gesamte Schule dich mit Namen, sodass häufig dieser, auch in der Freizeit, durch die Straßen Alcalas in hohen Kinderstimmen klingt.





 
 
Freitag:
An diesem Tag fahre ich in den Außenbezirk „Kaspicancha“. Ja, ich fahre, denn der Lehrer besitzt ein eigenes Auto, sodass mir der diesmal 6 stündige Weg hin und wieder zurück erspart bleibt. Auf der Rückbank gequetscht mit einigen anderen Campesinos (Bauern), Cholitas und/oder irgendwelcher Tiere lässt sich doch die Stunde Fahrt gut ertragen. Immer wieder nett den Gesprächen zuzuhören und wenn der Lehrer Elvis Presley oder die Beatles auflegt durch die schönen, bergigen, leeren Landschaften zu heizen.
Verlassen auf einem Hügel steht dort die Schule, die Kinder erwarten uns schon vor dem Tor und begrüßen uns aufgeregt. Auch dort gebe ich Englischunterricht und das klappt genauso gut. Der Lehrer lässt mich mit der ganzen Schule in Ruhe arbeiten und in den Pausen geselle ich mich zu ihm, wir essen und reden ein bisschen gemeinsam.
Nicht nur die lieben Kinder und der ausgesprochen nette Lehrer machen diesen Einsatzort für mich zu dem der besten, sondern auch die Ruhe und Abgeschiedenheit vom Rest Alcalas. Zudem liegt der Einsatzort in einer wunderschönen Landschaft!
Nach dem Unterricht fahren wir zurück, halten an ein paar Bauernhöfen, werden auf Essen eingeladen, gucken uns Felder und Tiere an und reden mit den Landbewohnern Alcalas. Immer wieder ein schönes Ende der Arbeitswoche.




Samstag/Sonntag:

Wenn ich nicht in die Hauptstadt Sucre reise oder nicht andere freizeitliche Aktivitäten anstehen, holt uns unser Gastvater und Verantwortlicher Don an einem Samstag und gerne auch mal an Sonntagen aus dem Bett, denn „es gibt immer was zutun!“. So helfen ich und ein mit Freiwilliger öfters im Garten, hacken, jäten und pflanzen. Mal streichen wir Zimmer, schweißen, werken, verbessern und belohnen uns daher nicht selten am Abend mit einem ordentlichem, natürlich selbstgeschweißtem, Grill und einem Bierchen, obwohl ich mittlerweile ein  deutsches kühles Bier sehr vermisse!!!








 
 
Soweit so gut, ich melde mich nach der Reise wieder und hofft auf beeindruckende Fotos, die ich dann sobald wie möglich hier teilen werde.

 
Saludos aus Alcala,

Simon